KurzfilmKino: „The Kids Are Alright“ von Rafael Kistler

Kurz_KidsEin Mofa knattert durch die Züricher Nacht. Hinter dem Lenker ein telefonierender junger Mann. Er ist aufgekratzt und macht einen Zwischenstopp, um eine Flasche Wodka zu klauen. Ein Junge beobachtet ihn dabei. Er würde gerne auf dem Mofa mitfahren, dafür hält er den Mund. Es entspinnt sich eine schräge Spritztour, an deren Ende beide etwas erwachsener geworden sind.

Deutschsprachige Filme möchte ich hier rezensieren. Doch mit der nationalen Ausgewogenheit in der Rubrik KurzfilmKino und in unserem Kurzfilmkanal auf Vimeo ist es so eine Sache. Österreich und Deutschland sind hier gut vertreten. Doch selten gibt es hier mal einen Schweizer Film. „The Kids Are Alright“ ist eines der lobenswerten Beispiele aus der kleinen Alpenrepublik. Der Film stammt von Rafael Kistler und entstand an der Züricher Hochschule der Künste. Und noch etwas ist lobenswert an dem Werk: Er ist in Schwyzerdütsch. Wer nie Schwyzerdütsch gelernt hat, und das gilt für mich und den Großteil Europas, mag versucht sein, gar nicht erst auf ‚Play‘ zu drücken. Das wäre ein grober Fehler.

Denn „The Kids Are Alright“ ist vor allem ein wunderbar visuell erzählter Film. Die Dialoge sind zwar vorhanden, doch sie tragen den Film nicht. Was man versteht, reicht völlig, um zu kapieren, was vor sich geht. Der Rest liegt in den Händen der beiden grandiosen Hauptdarsteller Mirza Sakic und Jonas Balmer. Balmer verkörpert den Jugendlichen mit Hingabe an dessen Unverantwortlichkeit und der junge Mirza Sakic lebt jede Sekunde, als wäre gar keine Kamera da. Man achte nur auf sein Gesicht, wenn er auf das Mofa steigt!

Beide Darsteller sind toll von Regisseur Kistler gecastet und geführt. Sie klicken sofort bei ihrem Aufeinandertreffen. Es eröffnet sich einerseits das Konfliktpotential der beiden, aber auch die Gemeinsamkeiten der ungleichen Typen werden offenbar. Bereitwillig lässt der Zuschauer sich auf deren Geschichte ein. Und die überzeugt gerade in den stillen Momenten, wenn der Jugendliche bei der Heimfahrt seinen Helm dem Jungen aufsetzt. Hier läuft viel über Gesten, seine Blicke deuten schon an, dass er nicht so hart ist, wie er tut.

Die Kamera von Sarah Jüstrich folgt sachte, einem Beobachter gleich, dem ungleichen Paar auf ihrer Spritztour. Durch die Handkamera ist sie in genau den richtigen Momenten nah dran oder nimmt Distanz ein. Stets ist sie Kommentar, selbst in der schönen Eingangssequenz. Diese und der Abspann sind auch die einzigen Momente, in denen Regisseur Kistler im Film Musik einsetzt. Auch das ist eine schöne Entscheidung in der Konzentration auf seine beiden Hauptfiguren. Ein klasse 10-Minüter, der das Kunststück vollbringt, noch eine Weile nachzuklingen.

Fazit: Schön gefilmtes Kurzfilmjuwel mit zwei tollen Schauspielern – auf Schwyzerdütsch!

JETZT HIER ANSEHEN:

The Kids Are Alright from Rafael Kistler on Vimeo.

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