KurzfilmKino: „Ich bin doch da!“ von Markus Baumeister

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Original Filmstill aus „Ich bin doch da!“ Quelle: Vimeo.com

Über den Dächern Berlins, in der winterlichen Luft, entflieht eine junge Frau kurz ihrem Leben, was in der Wohnung ein paar Stockwerke unter ihr in Form von Freunden und Bekannten auf sie wartet. Ihr Freund bequatscht sie, dass sie doch wieder runter kommen soll. Es entspinnt sich ein scheinbar philosophisches Gespräch übers Rauchen, über Freunde und über das Leben an sich.

Kurze Anmerkung vorweg: Ich spoilere im Folgenden Text zwar nicht aktiv, aber deute ordentlich an, was beim Filmgucken zwangsläufig die vorzeitige Hypothesenbildung anfeuert. Ergo den Genuss des Films einschränkt. Wer also den Kurzfilm (keine 5 Minuten) erstmal frei von meinem Senf erleben möchte, scrolle hinab und werfe den Player an. Dann schön wieder zurück kommen und hier weiter lesen. – Na, wer sagt’s denn, klappt doch:)

Tja. Klingt ein bisschen wie studentisches Betroffenheitskino mit schweigenden Menschen und atmender Kamera. Und das ist Absicht. Und zwar volle Absicht. Ich muss gestehen, bis kurz vor dem Ende dachte ich wirklich, das sei einer der ärgerlich-überflüssigen Versuche, die Berliner Schule im Kurzfilm nachzuäffen. Das wäre tatsächlich eine fragwürdige Entscheidung, wo dieses Genre doch auch in seiner langen Form in letzter Zeit eher zu enttäuschen wusste. Und hier werden zunächst auf formaler und inhaltlicher Ebene genau die Versatzstücke abgefeiert, die man genau dort bereits zum Erbrechen zur Genüge durch exerziert hat.

Aber ich blieb dran. Denn handwerklich stimmte alles: hyperpräsente Tonebene (okay, fast alles, die rauschte nämlich etwas), fein atmende Kamera, schönes Motiv, präsente, toll gecastete Schauspieler. Und irgendwie schwang etwas mit, wie ein Ton, den man nicht hören kann, aber dennoch wahrnimmt. Okay. Jetzt werde ich pseudo-philosophisch. Außerdem wollte ich wissen, ob die Damen und Herren Filmemacher, Judith Georgi, die das Drehbuch schrieb sowie die junge Frau spielt, und Markus Baumeister, der Regie und Kamera verantwortet, für mich noch eine Erklärung parat haben.

Haben sie. Keine verbale. Aber die bringt dann alles zum Funktionieren. Man kann sie fast verpassen. Sie hauen die Pointe einem nicht ins Gesicht, was zum Ton des Films passt. Die vorangehenden fünf Minuten sind so letztlich eine Verschleierungstaktik, ein Spiel mit den Klischees eines in Ungnade gefallenen Genres, vielleicht aus parodistischem Antrieb, vielleicht auch als Verbeugung oder gar Versuch der Rehabilitierung, zumindest seiner formalen Mittel. Aber sie funktioniert. Man kann sich dadurch einfach aus dem Film geleiten lassen. Kann aber auch neugierig nochmal auf „Play“ klicken.

Denn „Ich bin doch da!“ hat eine der seltenen Pointen, die dazu animiert, den Film gleich nochmal anzugucken. Und dabei nicht enttäuscht. Da sind sie plötzlich, die kleinen Hinweise, die sachte gestreuten Andeutungen. Das was, gerade noch stark nach pseudo-philosophischem Beziehungstalk klang, erhält einen Sinn. Funktioniert – meines Erachtens – beim zweiten Mal auf einer weiteren Ebene. Dadurch wechselt der Film sogar das Genre. Auf sehr subtile Weise. Posthum möchte ich fast sagen.

Fazit: Clever gemachter Pointenfilm, der die Subtilität seines Twists auch schön subtil vorbereitet!

Ich bin doch da! – Kurzfilm from MSE Film on Vimeo.

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Eine Antwort

  1. Vorsicht Spoiler!!!

    In dem Moment wo er sagt: „Ich bin doch da“ wird klar, dass sie alleine auf dem Dach steht. Dann wird die Vermutung des Zuschauers tatsächlichh bestätigt. Einfache Mittel, guter Kurzfilm. Daumen hoch!

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