KurzfilmKino: „Kino – ein Porträt“ von Stefan Müller

Kino - ein PorträtFeldbach ist ein Städtchen in Österreich. Und nicht nur irgendwo in Österreich, sondern in der schönen Steiermark. Gut 13.000 Einwohner hat der Ort. Und ein Lichtspielhaus. Das Kino Feldbach befindet sich seit 66 Jahren in Besitz von August „Gustl“ Pfister, der es mit Liebe zum Film und großer Leidenschaft führt. Seit 40 Jahren ist Johann Leitgreb dort Filmvorführer. Doch beide haben die Sorge, dass mit dem langsamen Ende des 35-mm-Films auch die Tage des Lichtspielhauses in ihrem Ort gezählt sind.

Eine der größten Herausforderungen des Dokumentarfilmers ist es, den Protagonisten seines Berichts vergessen zu lassen, dass er gefilmt wird. Denn dann ist eine Öffnung möglich, die einen echten Einblick gewährt und eine Tür aufstößt in einen Lebensbereich, der uns sonst verschlossen bliebe. In der Kurzdoku „Kino – ein Porträt“ ist das Thema der Überlebenskampf eines kleinen Kinos in der österreichischen Kleinstadt Feldbach. Regisseur Stefan Müller gelingt mit seinem 14-Minüter etwas Wundervolles. Er lässt das Kino auf der Leinwand lebendig werden. Einen dunklen Saal zu inszenieren ist keine leichte Aufgabe. Und so stimmt schon der Vorspann darauf ein, dass es hier nicht nur um zwei Lichtspielsäle in der Steiermark geht, sondern um eine Liebeserklärung an das Kino im Allgemeinen.

Dabei stimmt dann formal einfach alles. Müller entschied sich, dem Film das Cinemascope-Format zu geben. Er nutzt dieses auch sehr schön, so zum Beispiel, wenn er die Leere des Foyers zeigt, in dem Pfister geduldig hinter seinem Tresen sitzt und auf Besucher wartet. Selbst in kleinen Details, wie den Bauchbinden, findet sich das Kino- oder Projektionsthema wieder. In der Interviewsituation mit Betreiber Pfister wurde gehöriger Beleuchtungsaufwand betrieben – für eine Doku ungewöhnlich.

Hier zeigt sich auch Müllers Talent am deutlichsten. Er schaffte es, eine echte Nähe zu August Pfister herzustellen. Wenn der 89-jährige vor uns sitzt und mit Tränen in den Augen darüber spricht, dass er seinem Kino bis zum letzten Moment treu bleiben wird, dann geht das wirklich nahe. Müllers Film wird dabei nicht sentimental. Ihm gelingt es, die Emotionalität seines Protagonisten darzustellen, ohne diesen vorzuführen. Beeindruckend.

Müller macht das Kino zudem als Ort greifbar. Hier, wo auf den Aushängen noch „Tonlichtspiele“ steht, wo die Süßigkeiten in Glasvitrinen verstaut sind, hinter denen der Kinobetreiber noch selbst steht und Karten sowie Knabberkram verkauft, dabei immer ein Lächeln auf den Lippen. Und wie schon erwähnt, der Saal selbst zur Hauptfigur wird, anfangs noch leer für den Vorspann, dann als Ort der Nähe zum Betreiber Gustl Pfister und schließlich gefüllt mit Kindern währender Vorstellung, ihre glücklich-faszinierten Gesichter zeigend.

Während der Recherchen und Gespräche zum Film wurde klar, dass immer weniger 35-mm-Kopien den Weg nach Feldbach finden. Gerade die aktuellen Familienfilme werden mittlerweile nur noch auf digitalen Kopien, so genannten DCPs ausgeliefert. Für ein analoges Kino wie das in Feldbach ein Tod auf Raten. Umso schöner ist es, dass durch den Film die Aufmerksamkeit auf dieses Problem gelenkt werden konnte. Wie Filmemacher Müller in einem Gastbeitrag für Rodja Pavliks HomeMovieCorner schreibt, schuf er parallel zur Kurzdoku eine Facebook-Seite für das Lichtspielhaus und holte finanzielle Unterstützer ins Boot, unter anderem die Stadt Feldbach. So konnte der Hauptsaal des Kinos mit digitaler Projektionstechnik ausgestattet werden und das Kino musste nicht schließen. Womit sich die Hoffnung einmal mehr erfüllt, dass Filme tatsächlich diese Welt verändern können.

Fazit: Liebevolles Porträt über Kleinstadtkino als leidenschaftliches Plädoyer fürs Kino im Allgemeinen!

Jetzt hier die Kurzdoku anschauen:

Kino – ein Portrait – from Stefan Müller on Vimeo.

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Eine Antwort

  1. Stefan Müller sagt:

    Vielen Dank für diesen wunderschönen Bericht lieber Timo.
    Ich möchte noch unseren Produzenten, Oliver Haas, erwähnen, der gebürtiger Feldbacher ist und mich auf den Herrn Pfister und sein Kino als Thema für eine Dokumentation gebracht hat. Ohne ihn wäre diese Kurzdoku nicht zustande gekommen.

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