Neue Indie-Webserien beim Webfest Berlin

Serielles Erzählen findet im Netz immer mehr Freunde. Gerade unabhängig entstandene Inhalte boomen. Das zeigt sich vor allem an den zahlreichen Webserien-Festivals. Das Webfest Berlin bringt jetzt internationalen Serienaustausch in deutsche Lande. Ich habe die Festivalchefin Meredith Burkholder gefragt, was die Idee dahinter ist.

Official_LogoWebserien sind hip. In Zeiten von tumber Kino-Action und Netflix-Exklusivität zeigen sie, dass auch mit wenig Geld und viel kreativer Freiheit schöne Geschichten entstehen können. Noch dazu seriell. Noch dazu frei erhältlich im Internet, ohne Verfallsdatum, ohne Account. Nach der Seriale, die Mitte Juni höchst erfolgreich in Gießen stattfand (hier im Blog berichtete ich darüber), feiert mit dem Webfest Berlin in diesem Jahr bereits das zweite Festival mit exklusiver Ausrichtung auf unabhängig entstandene Webserien hierzulande seine Premiere. Los geht’s am Freitag, 4. September und Samstag, 5. September im ACUD-Kino in Berlin Mitte.

Wozu aber ein weiteres Festival? Gibt es so wahnsinnig viele Webserien aus deutscher Produktion? Noch nicht. Tatsächlich jedoch zeigt ein Blick in die Liste der 42 Wettbewerbsbeiträge, dass von den 13 deutschen Serien nur vier bereits im Wettbewerb der Seriale liefen. Unter anderem die ebenfalls hier im Blog vorgestellte Serie „Kumbaya!“. Insofern gibt es zumindest ordentlich Potential Neues zu entdecken, auch über den deutschsprachigen Tellerrand hinaus. Denn das Webfest Berlin ist Teil einer globalen Bewegung. Festivalleiterin Meredith Burkholder erklärt: „Es gibt Webfests auf der ganzen Welt. Sie werden vor Ort organisiert aber zeigen neben lokalen Serien auch Produktionen aus anderen Ländern.“ Ziel dabei ist es, die internationalen Filmemacher zu vernetzen und die lokalen Produktionen von Webfest zu Webfest wandern zu lassen, damit die Werke viele Leute erreichen können. Die Festivals selbst sind also nicht zentral gesteuert, sondern leben durch das Mitmachen und Weitertragen der Teilnehmer.

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Original Screenshot aus „Mission: Backup Earth“ von Alexander Pfander, 3. Episode „Damage Report“ (Quelle: Youtube.com)

So kam auch Burkholder dazu. Sie stammt ursprünglich aus Dallas und studierte dann in Boston Kunstgeschichte. Nach Jobs in Fotografie, Werbefilm und bei Reality-TV-Shows in New York kam sie schließlich nach Berlin. „Es gibt Kunst an jeder Ecke und viele Menschen, die ähnlich denken. Hier wollte ich schon immer mal hin“, sagt die Festivalleiterin. Sie gründte die Firma Et Tu Tableau und begann mit dem Organisieren von Fashion Events und Fotoshootings. Hier schon bewegte sie sich gerne im Independent-Bereich und stellte unbekannte Designer ins Rampenlicht. Doch immer wieder zog es sie zum Film. So engagierte sich die Amerikanerin am Set der Indieserie „Mission: Backup Earth“. Mit der ersten Staffel nahmen sie an mehreren Webfests teil. In Los Angeles regte der dortige Webfestleiter Michael Ajakwe an, ein Webfest in Berlin zu veranstalten. Meredith Burkholder nahm die Herausforderung an.

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Webfest Berlin: Der Ablaufplan für Freitag, 4. September

Seit Januar 2015 arbeitet Burkholder daran, das Event auf die Beine zu stellen. Dabei gab es zwei Herausforderungen für die Festivalleiterin. Da es sich um eine Premiere handelt, konnte sie den Sponsoren zwar viel erzählen und Infomaterial ausländischer Festivals zeigen. Doch letztlich mussten die Geldgeber und Unterstützer auf ein unbekanntes Pferd setzen. Umso schöner, dass es mit Vision Bakery, Rockzeline, Skullcandy, Watchever, Moduko und Znaida Vermouth immerhin sechs Unternehmen gab, die Vertrauen in das Projekt hatten. Die zweite Herausforderung war umso schwieriger. Denn Sponsoren kann man einzeln anrufen. Beim Publikum ist das schwierig. Burkholder erklärt: „In Berlin gibt es so viele Festivals, fast an jedem Wochenende eines. Da ist es echt schwierig aus der Masse herauszustechen.“ Um Zuschauer zu erreichen, veranstalteten die Macher vorab wöchentlich Screenings mit den Einreichungen. Am Anfang war der Kinosaal fast leer. Am Ende hatte sich herumgesprochen, dass hier interessante, neue Sachen laufen. Burkholder hofft, dass diese Leute auch zum Festival kommen.

Hinzu kam, dass sich die Suche nach deutschsprachigen Webserien schwierig gestaltete. „Es gibt in Deutschland noch keine Plattform, auf der diese Serien sich gut organisieren.“ Erst spät stieß sie auf die gerade gelaufene „Seriale“ von Csongor Dobrotka und Dennis Albrecht. Glücklicherweise stellten beide Seiten das gemeinsamen Ziel, für die Webserie zu kämpfen, über irgendwelche Ego-Trips und pflegen einen gesunden Austausch. So wird Seriale-Macher Csongor Dobrotka im Rahmenprogramm des Webfests am Samstag um 14:30 Uhr am Diskussions-Panel zur Zukunft der Webserie teilnehmen. Zudem gibt es drei weitere Panels und ein Pitching-Event mit Sascha Supastrapong Anja Thonig von Vision Bakery gibt während des Festivals halbstündige Coachings für konkrete Crowdfunding-Projekte.

Zu den 16 deutschen Beiträgen stoßen Serien aus weiteren 12 Ländern in der Official Selection, darunter Brasilien, der Libanon, Italien oder Kroatien. Beim Blick auf die Liste der Genres stellt sich ein internationaler Hang zur Comedy heraus. Das könnte höchst interessant werden, wenn unterschiedliche Humor-Deklinationen aus Brasilien, Deutschland oder den USA im Programm aufeinander prallen. Doch auch Genreproduktionen sind gut vertreten. Allein ein Viertel der Serien lassen sich unter Horror/Thriller oder Science-Fiction/Fantasy zusammenfassen.

Webfest Berlin: Der Ablaufplan für Samstag, 5. September

Webfest Berlin: Der Ablaufplan für Samstag, 5. September

In diesen groben Genres werden schließlich auch die Preise vergeben. Nebem dem Grand Jury Prize, der von fünf Juroren aus der Medienbranche vergeben wird, gibt es Auszeichnungen für Bestes Drama, Beste Comedy, Beste Animation, Beste Non-Fiction, Beste Sci-Fi/Fantasy, Bester Horror/Thriller/Spannung, dann die ungewöhnlicheren Preise für das Beste Transmedia-Projekt und die Beste Avant-Garde/Experimental-Umsetzung. Und da wir in Berlin sind wird auch die Beste Deutsche Serie gekürt. Das Publikum darf zudem noch seinen Favoriten benennen und ein ganz besonderer Preis kommt von den Sponsoren Watchever und Rockzeline: Einen Distributions-Vertrag! Beide bringen also eine der vorgestellten Serien ins Programm des Streamingdienstes Watchever.

Das Publikumsvoting ist bereits eröffnet und läuft weiter während des Festivals. Wer schon in die eine oder andere Serie reingucken will, kann sich die Programmliste ansehen und dann auf der Votingpage des Webfest Berlin abstimmen. Doch selbst, wer dabei nicht gewinnt, hat noch eine besondere Chance. Durch den internationalen Verbund suchen sich die fünf Partnerwebfeste von Berlin je einen Film aus dem Programm aus, den sie gerne auf ihrem nächsten Event zeigen möchten. Dieser Auswahlprozess hat bereits vor dem Webfest Berlin stattgefunden. Vermutlich fahren also ein paar Filmemacher nach Los Angeles, Seoul, Rom, Dublin oder Rio de Janeiro. Oder immerhin ihre Serien. Denn das ist schließlich das Ziel, was Meredith Burkholder nochmal deutlich macht: „Wir wollen der Webserie hier in Deutschland und auf der ganzen Welt einen ordentlichen Schub geben und ihren Machern mehr Respekt verschaffen!“

 

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